Nicht so nutzlos, wie man denkt

Wann waren Sie das letzte Mal in einer Bücherei? Ich persönlich lese eher selten und wenn, dann meistens eBooks auf meinem Smartphone. Das habe ich immer dabei und auch abends im Bett kann ich damit gut lesen, ohne mit einer Lampe meine Frau beim Schlafen zu stören. Meistens reichen mir die Leseproben und Bewertungen im Internet, um zu entscheiden, ob ich ein eBook kaufen möchte oder nicht. Auf die Idee dafür extra in eine Bücherei zu gehen, komme ich eigentlich nicht. Ähnlich ist es mit den größeren Bibliotheken.
In der norwegischen Hauptstadt Oslo versucht man jetzt Büchereien und Bibliotheken als Orte des kulturellen Austauschs und der Wissensvermittlung wieder neu zu entdecken. So stehen beispielsweise in der Hauptbibliothek im Stadtteil Bjorvika neben zahlreichen Büchern auch Musikinstrumente, Spielekonsolen und Nähmaschinen zur Verfügung; nicht nur zum Ausleihen, sondern um sie vor Ort zu nutzen und sich ggf. von Mitarbeiter*innen zeigen zu lassen, wie sie zu bedienen sind. So werden dort auch extra Musik- und Nähkurse angeboten und auch das Spielen mit Freunden an diversen Spielekonsolen ist vor Ort möglich. Dadurch wird die Bibliothek wieder zu einem Ort der Begegnung und der kulturellen Freizeitbeschäftigung; auch bei schlechtem Wetter.
Die letzten 30 Jahre hat sich einiges getan: Internet, Smartphones, Digitalisierung, Filme und Musik jederzeit und überall auf Abruf, ständige Erreichbarkeit und so weiter und so fort. Das Leben wird rasanter, vielseitiger, abwechslungsreicher. Die Vielfalt zwingt uns zu filtern, Dinge auszublenden, nicht mehr wahrzunehmen. Nur wer als interessant, wichtig oder nützlich genug wahrgenommen wird, bleibt im Fokus. Vor dieser Herausforderung stehen nicht nur Büchereien und Bibliotheken, sondern auch die Kirchen. Im Auge der Öffentlichkeit werden die Kirchen im wahrsten Sinne des Wortes immer nutzloser. Jesus hat Wunder für die Menschen getan und die Menschen haben davon erzählt und es in die Welt getragen. Wunder gibt es immer noch viele in den Kirchen, dank Tausender engagierter Christinnen und Christen, die einen großartigen Beitrag für unsere Gesellschaft leisten. Was noch fehlt sind Menschen, die mit Begeisterung davon erzählen: Lasst es uns in die Welt tragen, damit sich die Menschen wieder über uns Christen "wundern" können - wie über eine Bibliothek, in der man Trompete und Nähen lernen kann :-)