Jüdisches Leben

Das Judentum ist eine ganz besondere Religionsgemeinschaft: Älter als das Christentum und der Islam zusammen, fast auf der ganzen Welt vertreten und doch nirgendwo (außer in Israel) eine Mehrheitsreligion. Das Verhältnis anderer religiöser Gruppierungen zum Judentum ist seit seiner Entstehung höchst ambivalent: Mal wurden Juden beschützt, mal wurden sie aufgrund ihres Glaubens verfolgt. Dabei ist das Judentum eine der wenigen Religionen, die nicht missionieren (können), denn als Jude wird man geboren; einen Eintritt in das Judentum gibt es nicht. In fast allen Fällen beruhen die Anfeindungen gegen Juden auf Vorurteilen und der Angst vor dem Unbekannten, denn jüdische Gemeinschaften wirken nach außen hin oft verschlossen. Systematische Verfolgungen von Menschen jüdischen Glaubens hat es schon vor dem Nationalsozialismus gegeben und Anfeindungen gibt es noch heute. Doch kann man die NS-Zeit durchaus als Höhepunkt des Völkermordes betrachten. Leider war es damit nicht zu Ende: "Es ist eine Schande und beschämt mich zutiefst, wie sich Rassismus und Antisemitismus in unserem Land in diesen Zeiten äußern.", so Kanzlerin Angela Merkel beim Jubiläum zum 70-jährigen bestehen des Zentralrates der Juden in Deutschland*
Immerhin kann man sagen, dass die Gesellschaft seit dem Holocaust deutlich sensibler geworden ist, wenn es um antisemitische Anfeindungen geht. Der Wiederaufbau vieler jüdischer Friedhöfe und Synagogen sowie der nun seit 70 Jahren bestehende Zentralrat der Juden sind wichtige Zeichen dafür. 1950 gegründet, um jüdische Holocaustüberlebenden die Einreise nach Israel zu erleichtern, setzt sich der Zentralrat seitdem auch auf politischer Ebene für ein tolerantes Miteinander und gegen Antisemitismus ein.
Erst durch mein Studium der katholischen Theologie habe ich von der Bedeutung des Judentums für das Christentum und für unsere gesamte westliche Gesellschaft erfahren: Sie waren wesentliche Initiatoren des weltweiten Handels- und Zahlungsverkehrs, die gesamte Theologie Jesu Christi basiert auf dem Judentum und dadurch indirekt auch die ethischen Werte, nach denen wir heute leben, handeln und urteilen. Dem Judentum haben wir viel zu verdanken, bis heute! Gott sei Dank ist es noch niemanden gelungen, diesen Glaubensschatz auszulöschen.
Wenn Sie das nächste Mal die Gelegenheit haben: Unterschiedliche Gruppen bieten Synagogenführungen an. Es lohnt sich! :-)
Weitere Informationen zu Führungen rund ums Judentum:
- https://www.ff-stadtfuehrungen.koeln/alternative-fuehrungen/juedisches-koeln.html
- https://www.vhs-aachen.de/index.php?id=21&kathaupt=11&knr=202-04068&kursname=Aachener+Bauten%3A+die+neue+Synagoge&reiter=dozent
- https://rp-online.de/nrw/staedte/krefeld/vhs-in-krefeld-stellvertretender-vorsitzende-eldad-horwitz-fuehrt-durch-die-juedische-gemeinde_aid-37177303