Duschen ist (k)eine Selbstverständlichkeit!

Duschen ist (k)eine Selbstverständlichkeit!

In Deutschland muss niemand auf der Straße leben, jeder bekommt Sozialhilfe und der Staat übernimmt auch noch die Kosten für eine Wohnung inkl. Nebenkosten. Richtig? Jain, denn die Wahrheit ist, dass es für einige Hürden zu nehmen gibt: Ohne Girokonto, kein Geld, ohne Geld keine Wohnung. Doch lange war ein fester Wohnsitz die Voraussetzung zur Eröffnung eines Bankkontos. Mittlerweile gibt es zwar mit dem sogenannten Basis-Konto auch für wohnungslose Menschen die Möglichkeit, ein Girokonto zu eröffnen, doch die Kontoführungsgebühren für solch ein Konto sind mit über 10,- Euro im Monat vergleichsweise hoch. Hat man dann ein Girokonto, muss noch die passende Wohnung gefunden werden, denn nicht jede Wohnung wird automatisch vom Staat bezahlt, sie muss klein genug und darf nicht zu teuer sein. Doch sogenannte Sozialwohnungen sind knapp und schwer zu bekommen, erst recht wenn man zuvor auf der Straße gewohnt hat und dementsprechend gekleidet ist oder sogar riecht.

Zumindest für letzteres Problem gibt es in manchen Städten sogenannte "Duschbusse". Es handelt sich dabei um umgebaute Omnibusse, in denen wohnungslose Menschen kostenlos und flexibel Körperpflege betreiben können. Zwar gibt es auch in vielen Notunterkünften und Obdachlosenheimen Duschen, doch sind diese nur begrenzt geöffnet und manchmal nur gegen Gebühr nutzbar. Außerdem gibt es oft viel zu wenige davon (in Hamburg nur 22 Duschen für rund 2.000 Obdachlose), lange Wartezeiten sind also vorprogrammiert. Hinzu kommt, dass Diebstahl in solchen Unterkünften an der Tagesordnung ist, sodass es sein kann, dass man nach der Dusche neue Kleidung organisieren muss. Duschbusse bieten eine sinnvolle Alternative, denn Diebstähle können hier besser überwacht und die Busse gezielter eingesetzt werden; nämlich dort wo sie gerade besonders gebraucht werden.
Aber jetzt zur eigentlichen guten Nachricht: Neuerdings hat in Hamburg ein solcher Duschbus den Dienst aufgenommen. Führender Kopf dahinter ist Dominik Bloh, der seine eigene Obdachlosigkeit erfolgreich überwinden konnte und sich jetzt der Hilfe anderer Obdachloser verschrieben hat: "Ich habe von einem Duschbus in L.A. und San Francisco gehört und dachte, das wäre auch eine schöne Sache für Hamburg. [...] Das Duschen ist mit Hürden verbunden und auf der Straße hat man oft nicht mehr die Kraft, diese Hürden zu nehmen.", so Bloh.
Hier übrigens ein sehr schöner Post von ihm auf Instagram: https://www.instagram.com/p/B9xJpEbqUfz/?utm_source=ig_web_copy_link

In der Tat ist das Leben auf der Straße sehr hart: Gewalt, Beschimpfung, Drogen, Alkohol, Kälte, Krankheiten und gesellschaftliche Verachtung belasten Körper und Seele extrem. Aus diesem Strudel wieder herauszukommen ist für alle Beteiligten ein wahnsinniger Kraftakt. Es ist wichtig, dass diese Menschen nicht aus den Augen verloren werden und sich Menschen ihnen helfend annehmen. Ich selbst muss mich auch immer wieder dazu überwinden; vor allem ist es der Mangel an Körperhygiene, der mich abschreckt. Aber Aktionen wie die Duschbusse können diese Hemmschwelle senken, sodass sich vielleicht mehr Menschen bereit erklären, ihnen wieder auf die Beine zu helfen :-)