Aufeinander zugehen

Aufeinander zuzugehen ist der beste Weg Konflikte beizulegen. Was sich so einfach anhört, kostet aber meistens eine Menge Überwindung, denn es setzt einerseits Kompromissbereitschaft, aber auch Vergebungsbereitschaft und das Eingestehen eigener Fehler voraus. Eines ist jedenfalls sicher: Je größer die Kluft, die es zu überwinden gilt, umso schwieriger das aufeinander Zugehen.
Eine mittlerweile ziemlich große Kluft besteht zwischen dem Christentum und dem Islam, die so alt ist, wie die Geschichte des Islam selbst. Sind im Koran noch relativ versöhnliche Töne gegenüber Christen zu lesen, hat dies spätestens mit der Belagerung von Konstantinopel und den daraus resultierenden Kreuzzügen ein jähes Ende genommen. Es folgten Gewalt und Extremismus auf beiden Seiten.

In jüngster Zeit hat sich diese Eskalationsschleife wieder etwas beruhigt. Nur noch in extremistischen Kreisen, wie dem IS auf islamischer Seite oder den christlichen Fundamentalisten, wird der Hass weiter geschürt.
Für Entspannung zwischen der christlichen und der islamischen Welt sorgte nun ein mehrtägiger Besuch des Papstes im Irak. Dieser Besuch ist gleich in mehrerlei Hinsicht brisant: Der Irak ist von Kriegen gezeichnet, Christen wurden dort, unter der Herrschaft des IS, systematisch verfolgt.
Nachdem Papst Franziskus im Februar 2019 in Abu Dhabi den Schulterschluss mit dem sunnitischen Großimam al-Tayyeb gesucht hat, traf er nun den schiitischen Groß-Ayatollah Sistani. Damit setzt er ein wichtiges Zeichen der Versöhnung bei den religiösen Führern der beiden größten muslimischen Konfessionen. Ein gewaltiges Zeichen, nach allem, was in der Vergangenheit passiert ist!

Diese Geste, dieser erste Schritt aufeinander zu, soll den Beginn für ein friedliches Miteinander und für die Überwindung alter Feindschaften setzen. Damit ist der Dialog zwischen den Religionen noch lange nicht am Ende, im Gegenteil fängt die meiste Arbeit jetzt im Hintergrund erst an. Aber es gibt nach Jahrhunderten der Feindschaft endlich wieder einen gegenseitigen Willen zum Frieden und - mehr noch - zur Koexistenz. "Pilgerreise der Versöhnung" titelte die Tagesschau und nichts weniger ist das, was Papst Franziskus da angestoßen hat.
Wenn sogar Christentum und Islam auf diese Weise wieder zusammenfinden können, dann muss es doch für alle zerstrittenen Menschen möglich sein! :-)